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#23 Karneval in Oruro

Oruro, eine fast verschlafene Stadt auf dem Altiplano (S17.97020 W67.12397), verwandelt sich jedes Jahr in einen Hexenkessel, wenn der Karneval La Diablada stattfindet.

Aus allen Regionen Boliviens senden die verschiedenen Volksgruppen ihre Tänzer. Jede Gruppe drückt mit ihrem Tanz und ihrer Musik ihre Geschichte und Legenden aus, dadurch bleiben die sehr alten Traditionen erhalten und das Fest gehört sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Am Nachmittag vorher treffen wir ein und haben das unverschämte Glück, noch eine Unterkunft zu finden. Denn die Stadt ist hoffnungslos überfüllt. Wir spazieren zu der Strasse, wo morgen die Parade stattfinden wird. Links und rechts der Avenida werden gerade die Tribünen fertiggestellt. Uns wird schlagartig klar, dass wir einen Sitzplatz benötigen, um überhaupt die Parade sehen zu können. Was tun? Zum Glück werden noch Restplätze angeboten. Wir finden eine gut gelegene Tribüne, auf der wir sofort für zwei Tage einchecken.

Wir wandern die Avenida entlang und tauchen in den wilden Markt ein, sowie in das Gewimmel um die Strassenkünstler. Jan mit seinen 1,90 Metern ragt wie ein Laternenmast aus dem Gewoge heraus und wird sofort in das Kabarett mit einbezogen. Alle haben ihren Spaß!

Am nächsten Morgen stehen wir mit den Hühnern auf und sind sogleich zur Stelle, als der Umzug gegen 7 Uhr startet. Eine Tänzerin erzählt uns, dass sie für die rund 4 km lange Parade etwa 6 Stunden durchtanzt. Was für ein Marathon! Die gesamte Parade dauert 24 Stunden, bis alle Gruppen durch sind, und am nächsten Tag geht das Ganze nochmal von vorne los.

Es hält uns nicht lange auf der Tribüne und am Abend schmuggeln wir uns durch die Absperrung auf die Avenida. Gemeinsam mit wenigen anderen Verwegenen tummeln wir uns am Rand der Prozession und genießen die brodelnde Atmosphäre. In dieser ausgesetzten Position, direkt vor den Zuschauern, kassieren wir so manche Wasserbombe und Schaumladung.

Am Montag nach dem Karneval werden die Tribünen wieder abgebaut und die Strasse in ihren Ursprungszustand versetzt: die Bahngleise in der Strassenmitte waren extra für die Feier zuasphaltiert worden, und nun kommt ein Zug über die scheinbar gleislose Strasse dahergerollt und legt nur durch sein Gewicht die Schienen wieder frei.

Alle Marktstände, die sich auf den (unsichtbaren) Gleisen ausgebreitet hatten, müssen schnell ausweichen und "fließen" hinter dem Zug sofort wieder zusammen.

Wir schlendern noch ein bißchen durch die jetzt ruhig gewordene, verkaterte Stadt und werden Zeuge, wie so manche Karnevalleiche stöhnend auf der Ladefläche von Pickup-Trucks nach Hause transportiert wird.